Verknüpfende Maßstäblichkeit
Klassische Quartiersform mit S-Schwung
Nottuln, den 11.10.2019. Urbanes Leben und herrschaftliches Wohnen: Viele Jahrhunderte lang war das Baugrundstück am Fuße des Erfurter Doms Ort für Klöster und Häuser einer reichen und stolzen Handelsstadt. Nachdem die Bebauung im napoleonischen Krieg zerstört wurde, war das Areal rund zwei Jahrhunderte lang städtebaulich rudimentär mit Parkplatz- und Lagernutzung besetzt. Mit einem neuen gepflegten Wohnquartier kehrt nun Leben an den Dom zurück. Dem Entwurf von Osterwold°Schmidt liegt die Idee zugrunde, den Anspruch auf großzügiges Wohnen mit viel Licht und freier Aussicht mit den stadtbaulichen und kontextuellen Forderungen bestimmter Raumkanten zu vereinen. Die Fassadengestaltung mit Hagemeister-Klinkern der hellen Sortierung Weimar unterstützt diese Idee.
Ziel war es, ein Wohnprojekt in prominenter Lage direkt am Domplatz und nahe des Flusses Gera zu entwerfen und damit sowohl den stadträumlich-repräsentativen Anforderungen als auch den Erfordernissen für Wohnatmosphäre und Adressbildung gerecht zu werden. Die neue Bebauung steht ganz im Zeichen innerstädtischer Verdichtung und Quartiersrevitalisierung.
Exponierte Lage
Die Nähe zum Dom und der Innenstadt macht die Lage des Projektes attraktiv. Sie ist maßgeblicher Faktor für die Gestaltung und die Dimension des Neubaus unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten und stadtgestalterischen Fragen. Die Anbindungen der neuen Gebäude an die Stadtstrukturen waren für das Projekt sehr wichtig. Ein geschwungener Flügel begleitet die Domstraße, bildet eine kleine platzartige Aufweitung und lenkt dann um zum nächsten Bebauungsflügel. Westlich begrenzt die Mauer eines alten Kanonenschuppens das Areal. Der südliche Gebäudeflügel begrenzt mit einigem Abstand zum Bergstrom einen großzügigen Innenhof, der einen geschützten Freiraum birgt und zudem Weite für Licht schafft. „So entstehen trotz dichter Bebauung im Stadtzentrum sehr gute und hochwertige Wohnbedingungen mit Bezug nach Innen und Außen in spezifischen Blickbeziehungen und Raumeindrücken. Die Wahrnehmung des Objektes von außen soll dem ebenso, differenziert und doch zusammengehörig, entsprechen“, sagt Antje Osterwold vom ausführenden Büro Osterwold°Schmidt.
Beziehung zu umliegender Architektur
Für die Fassade wurde ein Material gesucht, das in den Kontext passt und dennoch nicht adaptiert wirkt. Das Umfeld ist geprägt vom hellen Sandstein des Domes, von Kalksteinmauern oder Putzflächen. Das Architekturbüro entschied sich für den Baustoff Klinker, um auf die vorherrschende Farbtonigkeit zu reagieren, ohne mit dem identischen Material zu arbeiten. „Wir sind anhaltend begeistert von der Wandlungsfähigkeit des Klinkers generell: Formate, Oberflächen, Brände und Verfugung, ganz abgesehen vom Basismaterial an sich, bieten eine offenbar unendliche Vielfalt im Erscheinungsbild“, erläutert die Projektarchitektin. Das langlebige Material Klinker hat neben der zunehmenden Schönheit trotz Alterung noch weitere positive Attribute. Osterwold ergänzt: „Für das Quartier am Dom schätzen wir zudem den Ausdruck einer gewissen Schwere und Massivität, die einmal mehr den Eindruck von Solidarität und Beständigkeit stützt.“ Die weiß-hellbeige Hagemeister-Sortierung Weimar HS im Dünnformat wurde im wilden Verband vermauert.
Sinnvoller Einsatz
Je nach Orientierung der Gebäudeflügel etwa zum Dom oder zur Straße wandeln sich die Fassaden in der Erscheinung ihrer Schwere, Durchlässigkeit und Massivität. Dazu trägt auch der Anteil der Klinkerflächen pro Fassade bei: Während am Domplatz der geschwungene Flügel komplett verklinkert ist und ein Wechselspiel durch Fenster und Loggien mit Schiebeverglasungen bildet, folgen den Straßenzügen Fassaden in Klinker-Putz-Kombination und geschlämmte Klinkerflächen. Im Innern des Quartiers beschränken sich die Klinkerflächen meistens auf das Erdgeschoss. Die Putzflächen werden strukturell ergänzt durch die Vielzahl der Balkone bzw. Loggien, deren metallene Geländer mit speziellen Lochungen einen gewissen Bezug zum Klinkerverband assoziieren.
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