Pressefächer Hagemeister

„Hütten statt Paläste“
Hagemeister Architektenseminar 2016

Nottuln, 08. März 2016. „Wir erschaffen eine neue Gesellschaft, die braucht neue Gebäude“ – diesen Anspruch stellte bereits der deutsch-amerikanische Architekt Ludwig Mies van der Rohe in den 1920er Jahren. Heute, etwa einhundert Jahre später, ist diese These aufgrund des explosionsartig steigenden Bedarfs an Wohnraum aktueller denn je. Beim 13. Hagemeister Architektenseminar am 23. und 24. Februar in Nottuln diskutierten international renommierte Referenten wie Prof. Hansjörg Göritz, Sergei Tchoban, Prof. Martin Ebert sowie Gerd von Spiess mit rund 400 Architekten und Planern die Möglichkeiten des Baustoffs Klinker.

„Wie wir neue Strukturen schaffen, ein harmonisches Zusammenleben ermöglichen und welche Ressourcen wir dazu beim Bauen einsetzen können – eine Vielzahl an Fragen, der sich nicht nur die Politik, sondern auch die Architektur annehmen muss“, eröffnet Dr. Christina Hagemeister das Klinkerseminar im Nottulner Ziegelwerk und lädt zum Diskurs über das Potenzial des beständigen Materials Klinker ein.

Prof. Hansjörg Göritz: Elementares

 Im von Backstein geprägten Niedersachsen aufgewachsen, lernte Hansjörg Göritz als Maurergeselle schon früh den Umgang mit dem robusten Material Klinker. Heute ist der Architekt Inhaber von Studios in Berlin, Hamburg, Hannover, New York und Knoxville.

„Architektur ohne Kontext ist keine Architektur“, stellt Hansjörg Göritz zu Beginn seines Vortrages heraus. Das Zusammenspiel von Ort, Raum, Licht und Material ist für seine Arbeiten von besonderer Bedeutung. Eine elementare Rolle spielt dabei die Wahl des Baustoffes. Anhand einiger Entwürfe erläutert der Architekt und Professor, wie mit dem Material Klinker „erlebbare“ Räume entstehen: Im Inneren einer ehemaligen Durchfahrtsscheune ruht wie ein steinerner Nukleus ein mit Ziegel gestaltetes Einfamilienhaus. Lichtumspült lässt es immer neue Sichtinterpretationen zu. Wie von einem Bildhauer ausgehöhlt scheint das Haus Horstkotte in Ahlen, ein perforierter Monolith aus rauem Ziegel. Mit der kantig-klaren Baukomposition des Landesforum und Landesparlament Liechtenstein hat das Büro Hansjörg Göritz der Idee von Architektur als Stadtraum ein Gesicht gegeben. 680.000 eigens angefertigte sandfarbene Ziegel umhüllen das 2010 mit dem Brick Award ausgezeichnete Gebäudeensemble – von der Pflasterung zum Gebäudesockel über die Fassaden bis in die Dächer und Dachgiebel.

Dipl. Ing Arch. BDA Sergei Tchoban: Haptik der Mauer – Kontrast zur Mauer

Mit seinen Niederlassungen in Berlin, Hamburg, Dresden und Moskau erfährt der russische Architekt und Inhaber von nps tchoban voss Architekten GmbH, Sergei Tchoban lebendige Baukultur jeden Tag neu. Zu Beginn seines Vortrags präsentiert er einige Handzeichnungen, die als Momentaufnahmen die Bauentwicklung in New York und Amsterdam dokumentieren. Als besonders interessant erachtet er die zunehmende Heterogenität in Städten: Die sich ständig verändernde Bauweise kreiere einen kontrastvollen Dialog zwischen den einzelnen zeitlichen Schichten einer Stadt.

„Das Mauerwerk ist der Weg, eine dem Menschen maßstabsnahe Architektur zu schaffen“, erklärt Sergei Tchoban. Anhand verschiedener Projekte zeigt er, wie seine Bauweise mit Materialität spielt und kontextuelle Kontraste schafft: So setzt beispielsweise das Hotel nhow am Berliner Osthafen haptisch und visuell gegensätzliche Materialien in einen spannungsreichen Dialog. Rauer Ziegel steht einer glatt verspiegelten Konsole aus Aluminium und Edelstahl gegenüber. Dadurch wirkt die reliefartige Fassade aus Ziegel dynamisch.

Prof. Dipl.-Ing. Martin Ebert: Maßstab, Textur, Material 

Klare Formen und Strukturen sowie eine moderne Architektursprache definieren die Projekte von Prof. Martin Ebert. Seit 1999 war er als Associate Director bei David Chipperfield Architects in London tätig. 2006 gründete er dann sein eigenes Büro Studio Meda: Martin Ebert Design Architecture in London.

Beim Klinkerseminar in Nottuln stellt der Professor für Baukonstruktion zwei sehr unterschiedliche Projekte vor und zeigt, wie mit Klinker städtebauliche Bezüge hergestellt werden können. Das erste Projekt ist die Erweiterung eines denkmalgeschützten georgianischen Stadthauses. Um den historischen Charakter des Gebäudes fortzuführen, wählte der Architekt gebrauchten, sandfarbenen Backstein aus Gebäudeabbrüchen. Bei dem zweiten Projekt handelt es sich um einen Wohnkomplex, der im Auftrag der Immobilienabteilung von IKEA realisiert wird: Klare Vorgaben eines Masterplans, wie der ausschließliche Einsatz vorgefertigter Bauelemente, stellt die Architekten von Martin Ebert Design Architecture vor eine Herausforderung. Sie entwarfen ein Objekt, das wie ein Wechselspiel von moderner und traditioneller Architektur wirkt. „Die Textur und Farbgebung des Klinkers verwebt die denkmalgeschützte Gegend mit unserem Londoner Neubau“, sagt Ebert. In einer sandfarbenen und einer dunklen Sortierung greift der Klinker als Material der Verbindung die Töne seiner georgianisch und industriell, backsteingeprägten Umgebung auf.

Dipl.-Ing. Gerd von Spiess: BIM – Interdisziplinäres Gebäudemodell für Ingenieurleistungen

Den großen Nutzen und die dringende Notwendigkeit eines virtuellen 3D-Modells macht Dipl.-Ing. Gerd von Spiess in seinem Vortrag deutlich. Das System Building Information Modeling (kurz: BIM) dient der Prozessoptimierung von Bauvorhaben in der Planung, Umsetzung und Bewirtschaftung. Zwei sehr individuelle Projekte mit dem Architekten Frank O. Gehry, der für seine stark dekonstruktivistische Architektursprache bekannt ist, konnten nur Dank des digitalen Systems realisiert werden: Beim Bau der Cleveland Clinic Lou Ruvo for Brain Health in Las Vegas wurde mithilfe des für alle Fachplaner zugrunde gelegten 3D-Modells jedes einzelne Bauteil individuell geplant, angepasst und geprüft. So konnten die fertigen Elemente auf der Baustelle passgenau eingesetzt werden. Auch während der Planung und Errichtung der Fondation Louis Vuitton in Paris arbeiteten alle Fachplaner parallel im virtuellen Modell. Damit waren die Beteiligten zu jeder Zeit, in der Lage, den aktuellen Stand sowie relevante Daten, Kosten und Termine abzurufen, den Fortschritt zu überwachen und notwendige Anpassungen zu übernehmen: „Jede Schraube, jedes Detail war vorher millimetergenau in der Software geplant und abgestimmt“, erklärt Gerd von Spiess.

Mit der Einführung von BIM als Standard-Arbeitsweise können – gerade vor dem Hintergrund der zunehmend komplexer werdenden Bauaufgaben – sämtliche Prozesse hinsichtlich Budgetierung, Zeitplanung, Qualität sowie Planungssicherheit verbessert und damit die Effizienz erhöht und Risiken verringert werden. In Deutschland gilt ab 2020 eine BIM-Pflicht für öffentliche Bauten. Daher appelliert Gerd von Spiess an alle Architekten und Planer, sich möglichst schon heute mit dem Thema und der Praxis auseinanderzusetzen.

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Infokasten: 13. Hagemeister Klinkerseminar
Seit 2003 veranstaltet Hagemeister jedes Jahr von den Architektenkammern anerkannte Fortbildungsseminare für Hochbau-Architekten. In diesem Jahr haben Dr. Christina Hagemeister und Christian Hagemeister, Geschäftsführer des Nottulner Ziegelwerks, zum dreizehnten Mal zum Hagemeister Klinkerseminar eingeladen. International renommierte Referenten stellen vielseitige Aspekte der Klinkerarchitektur zur Diskussion. Erstmals bot Hagemeister auch Landschaftsarchitekten die Möglichkeit, an einem separaten Seminartag in die Welt des Klinkers einzutauchen. In Zukunft wird das Klinkerwerk Hagemeister diesen Ansatz weiter ausbauen. Dazu laufen schon jetzt die Vorbereitungen für das kommende Jahr.

Seit über 100 Jahren produziert das Nottulner Klinkerwerk Hagemeister Fassadenklinker und Pflasterklinker. Das Sortiment umfasst mehr als 300 Farben, Formate und Strukturen zur Gestaltung mit Fassadenklinker sowie ein facettenreiches Sortiment an Pflasterklinker. Etwa 100 Millionen Klinkereinheiten pro Jahr liefert das Unternehmen mit 140 Mitarbeitern zu Bauwerken in allen Ländern der Erde. Weitere Informationen finden Sie unter www.hagemeister.de

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