Vom oberen Gebäudeabschluss zum Klimaretter
Das Dach befindet sich im Wandel – und mit ihm die Anforderungen an die Abdichtung

Minden, 6. Mai 2022. Ob für das Eigenheim, den Geschosswohnungsbau oder Gewerbe und Industrie – wer derzeit baut, setzt oftmals auf ein Flachdach. Dies hat jedoch nicht ausschließlich mit wechselnden ästhetischen Trends zu tun. Auch die Funktion des Daches unterliegt einem Wandel: War ein Flachdach vor 40 Jahren noch eine zweckmäßige Entscheidung im Sinne einer preisgünstigen Lösung, so schafft man damit heute ein Plus an Wohn- und Lebensraum. Künftig aber wird dem Flachdach noch eine weitere, essenzielle Aufgabe zufallen. Mit einer Begrünung und ggf. einer Retentionsfläche versehen, wird es eine Maßnahme zur Minderung städtischer Wärmeinseln sein. Denn die Bepflanzung speichert Wasser und sorgt dafür, dass dieses sukzessive verdunstet – was Hitze sowie Überflutung entgegenwirkt. Daraus ergeben sich neue Anforderungen an die Abdichtung, denen bereits bei der Planung Rechnung getragen werden muss.

Durch Flachdächer gewinnt man nicht nur Wohnraum, was angesichts dessen Knappheit vor allem in urbanen Ballungsgebieten wichtig ist. Des Weiteren entsteht nutzbare Fläche: Diese wird zunehmend als Lebensraum wahrgenommen, sowohl für Menschen als auch für Pflanzen. Dachbegrünung hat nicht nur einen positiven Effekt auf das menschliche Wohlbefinden. Im Hinblick auf die klimatischen Herausforderungen, die insbesondere durch die Flächenversiegelung im städtischen Raum und den daraus resultierenden urbanen Hitzeinseln entstehen, wird es von einer Annehmlichkeit zum Bedürfnis.

Viel noch ungenutztes Potenzial

Der Weltklimarat IPCC hat erst kürzlich in seinem sechsten Weltklimabericht erneut auf die Dringlichkeit hingewiesen, mit der gegen die Auswirkungen der Klimakrise vorgegangen werden muss. So ist es laut des Berichts sehr wahrscheinlich, dass in den frühen 2030-er Jahren, spätestens jedoch 2040, die Erderhitzung den Schwellenwert von 1,5 Grad Celsius übersteigt. In der Folge wird es unter anderem vermehrt zu Starkregenereignissen kommen, von denen insbesondere urbane Ballungsgebiete betroffen sein werden. Dort jedoch stößt die Kanalisation schnell an ihre Grenzen und natürliche Versicherungsflächen gibt es nicht mehr ausreichend. Überdies verstärkt die Flächenversieglung das Aufheizen der Städte. Beidem kann man nur mit Vegetationsflächen effektiv entgegengewirkt werden. Denn allein ein Quadratmeter Gründach ohne einen Retentionsraum hat das Potenzial, pro Tag zwei Liter Wasser verdunsten zu lassen und 30 Liter Wasser zurückzuhalten. Circa zwei Drittel der eingestrahlten Energie werden außerdem in latente Wärme umgewandelt, die sich nicht aufheizend auf die Umgebungsluft auswirkt. Legt man diese Kennzahlen auf ein ganzes Quartier oder sogar auf ein Stadtviertel um, würden die urbanen Räume zukünftig als lebenswerter Ort für die Bevölkerung erhalten bleiben.

Gründach: Vom Außenseiter zum notwendigen Standard

Zwar gibt es Gründächer vereinzelt schon seit den 1970-er Jahren, doch wurden diese damals vorwiegend als Dachgärten oder als Prestigeobjekte genutzt. Heute aber kann ein Gründach viel mehr sein: Bauherren haben grundsätzlich die Wahl zwischen intensiver und extensiver Begrünung. Die einfache extensive Dachbegrünung ist im urbanen Raum ein erster richtiger Schritt in die richtige Richtung. Doch bereits mit verhältnismäßig kleinem Mehraufwand lassen sich positiven Effekte auf das Mikroklima und die Biodiversität verstärken. Erhöht man etwa die Anzahl der Standardpflanzenarten von 5 bis 10 Stück auf 30 bis 50 Pflanzenarten mit unterschiedlichen Aufbauhöhen zwischen 5 und 15 cm, ist ein optimaler ökologischer Standard als extensive oder intensiver Dachbegrünung erreichbar. Grün statt grau ist hier die Devise.

Wie der im Bundesverband GebäudeGrün e. V. (BuGG) in seiner Fachinformation „Positive Wirkungen von Gebäudebegrünungen (Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünung)“ festhält, wurden 2020 rund 7,8 Millionen Quadratmeter Dachfläche begrünt – das ist mehr als doppelt so viel wie gut 10 Jahre zuvor. Setzt man dies allerdings in Relation zu den insgesamt 80 Millionen Quadratmetern Flachdachfläche, die pro Jahr in Deutschland entstehen, werden aktuell gerade einmal 8 Prozent davon begrünt. Hier gibt es also viel ungenutztes Potenzial. Dass aktuell 193 Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern Dachbegrünungen in ihren Bebauungsplan integriert haben und rund die Hälfte davon dafür auch eine Förderung anbietet – Tendenz steigend – werde der Entwicklung künftig noch einen Aufschwung verleihen, so sind sich die Experten sicher.

Hinzu kommt, dass der Anteil sanierungsfähiger Flachdächer aus den 1970-er bis 90-er Jahren steigt. Dabei handelt es sich im Normalfall um Aufbauten mit 80 bis 120 mm Wärmedämmung plus einer Abdichtung, die schon häufig repariert, aber nie vollständig saniert wurden. Diese Objekte erfüllen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die aktuellen Wärmeschutzstandards des Gebäude Energie Gesetzes (GEG). In erster Linie gilt es aber, nach dem Abfallwirtschaftsgesetz den Abfall zu vermeiden und Ressourcen zu schonen. Sachverständige arbeiten heute an Lösungen, um vorhandene Wärmedämmungen von Leckage behafteten Dächern zu trocknen und anschließend die Dachabdichtung z. B. mit einem Flüssigkunststoff vollständig zu ertüchtigen. Auf diesen neu sanierten Flächen kann etwa ein Plusdach zur Erhöhung des energetischen Standards aufgebaut und/oder ein Gründach realisiert werden.

Erhöhter Anspruch an die Abdichtung

Mit dem Wandel des Daches vom bloßen Schutz vor Wasser hin zum begrünten Lebensraum finden sich Planer und Verarbeiter gleichermaßen mit besonderen Konstruktionsarten konfrontiert, die erhöhte Anforderungen an ihre Abdichtung stellen. Ob es sich dabei um eine intensive oder eine extensive Begrünung handelt, hat zunächst keinen Einfluss auf das, was die Abdichtung leisten muss. Aufschluss über die Bestimmungen zur Abdichtung im Allgemeinen geben zum einen die Standardwerke Flachdachrichtlinie und die DIN 18531 zur Abdichtung von Dächern sowie Balkonen, Loggien und Laubengängen und die DIN 18532 zur Abdichtung für befahrbare Verkehrsflächen. Zum anderen widmen sich die Dachbegrünungsrichtlinien der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FFL) dezidiert der Planung, dem Bau und der Instandhaltung von Dachflächen mit Begrünung. Wichtigstes Kriterium bei der Materialwahl ist neben der dauerhaften Dichtigkeit, dass die Abdichtung wurzel- und rhizomenfest ist. Sicherheit bietet hier die Produktzertifizierung nach dem FFL-Verfahren.

Flüssigkunststoff für Detail und Fläche

Flüssigabdichtungen auf Basis von Polymethylmethacrylat (PMMA) bilden eine homogene Oberfläche ohne Nähte, die etwa bei Abdichtungsbahnen potenzielle Schwachstellen darstellen können. Weil sie sich wie eine zweite Haut selbst um komplexe Geometrien legen, wie sie in Form von Entwässerungselementen und anderen Anschlüssen auf Flachdächern vorzufinden sind, finden sie bislang vorwiegend im Bereich der Detailabdichtung Anwendung. Da das Harz auf vielen verschiedenen Untergründen gute Haftungseigenschaften aufweist und es auch an senkrechten Flächen zu keiner Hinterläufigkeit und keinem Abrutschen kommt, eignet sich dieses ideal für den Bauteilanschluss. Aber auch auf der Fläche rentierten sich PMMA-Systeme: Das mechanisch belastbare und hoch hydrolysebeständige Material lässt sich unter Fremdbelägen, beispielsweise Grünflächen, Sand oder Kies, auftragen. Etablierte Flüssigabdichtungen aus PMMA am Markt verfügen über FFL-geprüfte Wurzel- und Rhizomenfestigkeit. Und im Gegensatz zu anderen Abdichtungsmaterialien werden keine schädlichen Stoffe, zum Beispiel Additive aus Kunststoffbahnen oder die Freisetzung von Mecoprop aus Bitumenbahnen, ausgewaschen, die schließlich ins Grundwasser gelangen.

Positiv-Effekte auf die Dachhaut

Doch der Einsatz einer Begrünung erhöht nicht nur die Anforderungen an die Dachhaut, in mancher Hinsicht schont er diese sogar: UV-Einstrahlung wird vermieden und die Differenz der Oberflächentemperatur zwischen Tag und Nacht reduziert sich um rund 80 Prozent. Generell senkt eine Begrünung die Temperatur der Abdichtung in Schnitt um 5 Grad Celsius. Daraus ergibt sich nach Angaben des BuGG eine Verlängerung der Lebensdauer der Abdichtung um 10 bis 20 Jahre.

Der Anspruch muss letztlich sein, dass die Abdichtung genauso langlebig ist wie die Produkte, die ihr aufliegen. Denn ein nachträgliches Sanieren der Abdichtung wäre bei diesen Objekten oft wirtschaftlich nicht tragbar. Folglich darf in Zukunft bei Flachdächern die Abdichtung nicht nur mehr aus den finanziellen Aspekten betrachtet werden, sondern es muss die Lebensdauer und die damit zusammenhängende Qualität verbessert werden. Aus diesem gegeben Anlass arbeiten Fachleute eng mit der Interessengemeinschaft Qualitätsmanagement für Dächer und Flachdachabdichtungen (IQDF) zusammen, um die künftigen Themen des wandelnden Flachdaches zu besprechen. Auch die Firma Triflex stellt sich der Herausforderung, die Zukunft des Daches aktiv an vorderster Stelle mitzugestalten und den Wandel sicher umzusetzen. Die PMMA-Systeme des Abdichtungsspezialisten sind bereits jetzt fit für den Einsatz unter dem Gründach.

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Autor:
Marc Niewöhner ist Produktmanager beim Mindener Abdichtungsexperten Triflex. Er ist auch Mitglied im Bundesverband GebäudeGrün e. V. (BuGG) sowie Vorstandsmitglied in der Interessengemeinschaft Qualitätsmanagement für Dächer und Flachdachabdichtungen (IQDF).

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